«Dem HERRN gehört die Erde»

Ist der «Klimatismus» eine Selbstüberschätzung?

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Liebe Tagungsgemeinde, liebe Zuschauer am Bildschirm!

Den Eröffnungsvers des 24. Psalms stelle ich über das Referat: «Dem HERRN gehört die Erde und was sie erfüllt,der Erdkreis und die ihn bewohnen.» [Psalm 24,1]

Was bedeutet dieses ur-biblische Bekenntnis in Bezug auf jene Sache, an die wir stets erinnert werden? Die Angst vor dem Klimawandel. Die Warnung vor einer baldigen Klimakatastrophe.

Zunächst eine 1. Weggabelung in diesem Thema: Das historische Christentum bezeugt, Gott ist nicht nur der Schöpfer am Anfang, sondern Erhalter der Welt und Wirklichkeit und am Ende aller Dinge auch der Vollender der Schöpfung. Die nach-christliche (auch vor-christliche) Auffassung ist: Irgendein Gott erschuf das Universum und zog sich zurück. Nun muss der Mensch dafür sorgen, dass der Welt nichts zustösst.

Je nachdem, in welche Richtung man denkt, wird man das Thema «Klimawandel» angehen: Als Teil von Gottes Welt und Wirklichkeit oder als Teil des menschlichen Tun und Lassens.

0. Vorbemerkungen

Um nicht vorschnell schubladisiert zu werden, lege ich gleich zu Beginn offen, dass ich schlicht von Folgendem ausgehe: Der CO2-Ausstoss der Menschheit wächst und beeinflusst das Klima. Vor 200 Jahren lebten ca. 1 Mia., heute knapp 8 Mia. Menschen auf unserem Planeten. Dazu leben die Menschen heute aufwändiger als vor 200 Jahren. Auch als naturwissenschaftlicher Laie merke ich, dass die Bezeichnung «Katastrophe» für das Klima kein wissenschaftlicher Begriff ist, sondern eine Wertung. Denn für wen ist es eine Katastrophe? Was bedeutet es, wenn man Veränderungen in der Natur a priori als Notstand bezeichnet? Die Menschheitsgeschichte ist geprägt von dauernder Anpassung an neue Lebensverhältnisse.

Von drei Seiten her nähere ich mich dem Thema:

1. Monumentaler Zielkonflikt

Hinter uns liegen 400 Jahre Erfolgsgeschichte hinsichtlich technischer und medizinischer Errungenschaften. Damals (im Vorstadium zur Aufklärung) wurde das Grossprojekt der «Moderne» geboren. Das neue «Glaubens-Bekenntnis» lautete: Der Mensch kann die Natur beherrschen. Indem man die Naturgesetze nutzt, geschieht Fortschritt. So erforschte man die Natur und experimentierte an ihr. Nun war die Natur als Rohmaterial dem Menschen unterworfen, der sie für sich einsetzte.

Diese Hinwendung zum Irdisch-Sichtbaren machte uns reich. Es gäbe sonst keine moderne Mobilität, kein Antibiotikum, keine Energie-Erzeugung, keine Telekommuni­kation und unsere Lebenserwartung läge bei 40-50 Jahren. Darum leben heute 8-mal mehr Menschen als vor 200 Jahren [ca. 100 Millionen kommen jährlich dazu - in 3 Jahren ist dies die Bevölkerung der USA. Gelänge es, die gesamten USA «CO2-neutral» zu halten, wäre dieser «Gewinn» in 3 Jahren aufgezehrt!] Dies illustriert lediglich die Dimensionen!

Dies also ist der unlösbare Zielkonflikt: Der von allen begrüsste Fortschritt fordert seinen Preis. Nie ist etwas gratis zu haben. Zurück können wir nicht, nur trotzig vorwärts - auf einen Technologie-Sprung hoffend. Bleibt dieser aus, steigt die Angst. Angst mag man etwas therapieren, indem man einfach irgendetwas tut. Die reale Situation verändert sich damit aber nicht.

Hier wäre nun Ehrlichkeit vonnöten. Man schildert schlimme Zukunfts-Szenarien, verschweigt aber den gigantischen Zielkonflikt. So schwankt man zwischen Fort­schritts-Optimismus und Idealisierung des Wesens «Mensch». [Ein weltweiter Technologie-Wandel sei möglich - und ja, der Mensch verzichte aus purer Einsicht auf seinen Lebensstandard und auf einige Lebensjahrzehnte.]

Das Eine (völliger Technologie-Wandel) vermag ich nicht zu beurteilen (ich bezweifle aber, ob die Abhängigkeit von Rohstoffen nicht einfach verschoben wird). Das Andere ist brisant: Unrealistische Menschenbilder sind der Zunder für Ideologien. Ideologien wollen uns zu unserem «Glück» zwingen, notfalls mit brachialer Gewalt. Hier steht also ein säkular-ideologisches Menschenbild der biblisch-christlichen Sicht des Menschen gegenüber.

Zur Frage im Titel dieses Referats: «Ist der Klimatismus eine Selbstüberschätzung?»

Ich beantworte sie so: Ja, er ist eine Selbstüberschätzung. Der Zielkonflikt ist viel zu gross. Das Projekt «Klimatismus» wird darum nie spürbar über die Planungsphase hinausgelangen. Trotzdem wird uns der Klimatismus als Denkrichtung wie auch als Utopie noch lange erhalten bleiben, auch wenn er keine Realisierung erleben wird. Darum kommen wir nicht darum herum, uns mit seinem Wesen und Anspruch zu beschäftigen.

2. Der Versuch einer theologischen Einordnung

a) Wer ist Gott? Wer ist der Mensch?

Im Grundlagenpapier der EKS (Evangelisch-Reformierte Kirche Schweiz) vom Dezember 2022 zum Thema «Nachhaltigkeit und Kirche» steht: «Nie wieder soll alles Fleisch vom Wasser der Sintflut ausgerottet werden, und nie wieder soll eine Sintflut kommen, um die Erde zu verderben.» [1. Mose 9,11]

Darauf folgt dieser Kommentar des EKS-Rates: ‘Wenn das Eis auf der Erde… …schmilzt, droht die göttliche Zusage… …buchstäblich in einer neuen, selbstver­schuldeten Sintflut unterzugehen.’

Diese Aussage lässt tief blicken: Der Mensch sei in der Lage, Gottes Zusage zu ersäufen! Und umgekehrt sei Gottes Verheissung derart schwach, dass menschliche Kraft sie aushebeln könnte?! Wer ist dieser Mensch, der solches zu tun vermag? Wer ist dieser Gott, dessen Wort wir ersäufen können?

Es ist eindeutig nicht der Mensch, den die Bibel uns lehrt. Eher ist es der Mensch der Neuzeit, der sich einbildet, er habe Macht über die Natur. Und - dieser Gott ist nicht der Gott der Bibel. Vielleicht war er einst der Schöpfer von Himmel und Erde, doch sicher ist es nicht mehr jener Gott, von dem die Schrift bezeugt: «Dem HERRN gehört die Erde!» oder: «…der war und der ist und der kommt!» Somit hat sein Reden keine gebietende Kraft. Diesem Wort Gottes fehlt die Vollmacht, die die Menschheits­geschichte lenkt und vor dessen Hauch alles Fleisch wie Gras ist und verdorrt. Vielleicht ist es noch ein Wort, das uns mit «mutmachenden Gegen-Geschichten» beliefert (wie dies im kirchlichen Kauderwelsch jeweils heisst). Auf jeden Fall würde es den Menschen gelingen, wenn sie es nicht verhindern, das Wort dieses Gottes zu ersäufen!

b) Was ist die Schöpfung/Natur?

Der neue Zugang zur Natur (vor 400 Jahren) war gleichzeitig eine Relativierung der christlichen Lehre. Man «parkierte» den Glauben in die Innerlichkeit des Menschen um. Vor jener Wende vor etwa 400 Jahren schaute man völlig anders auf die Natur und die Schöpfung. Alles in der Natur hat seine Bestimmung. Erkenntnis und Naturforschung bedeuteten: Herausfinden, erkunden, beobachten welche Bestim­mung in jedem Wesen, jeder Sache, liegt. Ein Stein hat eine andere Bestimmung als eine Kuh, wiederum für anderes ist das Gras da; ebenso hat der Mensch seine Bestimmung, sogar noch unterschieden als Frau, als Mann, als Kind.

Wie konnte man die Bestimmung aller Dinge herausfinden? Man zog zunächst die Bibel zu Rate, dann die Tradition, die Gewohnheiten und Erfahrungen der Menschen; die Weisheit der Vergangenheit – zusammengefasst in den grossen Denkern der Menschheit: Aristoteles, Plato, die Theologen Augustin, Thomas von Aquin, usw. Man betrachtete alles als von Gott ausgehend und als am Ende der Zeit zu ihm zurückkehrend. Zuerst war das Unsichtbare, der eine Gott und erst daraus entstand alles Sichtbare, das Irdische. Zeit und Ewigkeit sah man nie als getrennt voneinander, sondern stets aufs engste ineinander verschränkt.

Die damalige grosse geistes-geschichtliche Wende schuf demnach eine gott-lose Welt (nicht im moralischen Sinn als verwerfliche Welt, sondern eine Welt, die mit Gott nichts zu tun hat). Und sie «erschuf» einen welt-losen Gott – also die Vorstellung von einem Gott, der mit der sichtbaren Welt nichts zu tun hat. Unter diesen geistigen Voraussetzungen schwang sich die Naturwissenschaft mächtig auf. Ab dem 19. bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ist man richtiggehend «besoffen» von ihren Erfolgen. Für Gott lässt man durchaus noch ein Plätzchen offen; die Religion wird zum Lehrer der Tugend, des Anstands und des gesitteten Umgangs miteinander. Klar, das gigantische Desaster der beiden Weltkriege liess Zweifel aufkommen an den Segnungen der Technik. Fortschritt führt auch zu effizienterem Töten!

Doch erst eine Generation später benennt man das Problem auf breiterer Front: Ist da nicht etwas aus den Fugen geraten mit der Art, wie wir die Natur behandeln? Ist denn die geschaffene Welt um uns herum nur Material, das wir bearbeiten, nutzen, optimieren? Liegt nicht ein Wert in der Natur, der nicht von uns bestimmt werden darf?

Dies ist ein denkwürdiger Wendepunkt. Der Mensch ist gegenüber der Schöpfung wieder der Fragende! Er tritt ihr nicht mehr als Herrschender und Wissender, sondern als Verunsicherter entgegen! Diese Fragen kamen zunächst aus säkularen Kreisen. Es war jene Grundstimmung, beginnend in den 70er-Jahren, die wir heute als Öko-Bewegung bezeichnen würden. Die Wohlstandswelt grübelt bis heute über diese Fragen nach. Die obgenannte Bewegung begab sich damit jedoch selber in einen Widerspruch hinein. Wie jede moderne Denkrichtung gründet nämlich auch sie auf dieser geschilderten geistigen Wende vor 400 Jahren. Würde sie sie aufgeben, fielen die modernen Errungenschaften: Selbstbestimmungsrecht, Individualismus. Es gäbe weder Multikulti, noch Gleichberechtigung, weder Verhütungsmittel, noch Gender-Agenda, noch Gleichheit aller ehelichen Lebensformen. Dieses Paradox durchzieht meines Erachtens das Handeln und Denken der Öko-Bewegung. Der Schlachtruf «Zurück zur Natur!» zieht schwerwiegende Fragen nach sich: Zu welcher Natur? Was will denn die Natur? Wer kennt ihren Willen? Woher kennen wir ihn? Die Natur gibt uns eben keine Auskunft über ihre Bestimmung. Nur wer anerkennt, dass in ihr ein Wille am Werk ist, bekommt Auskunft. Dies wäre ein Schöpfergott, der seinen Willen in die Schöpfung hineingelegt hat. Dies aber wäre mit jener geistigen Wende unvereinbar.

Die Klimabewegung behauptet, sie wisse, was die Natur wolle. Nur, im Gegensatz zur klassisch christlichen Lehre, kann sie die Grundlage ihrer Natur-Deutung nicht benennen. Sie kann einzig postulieren: Die Natur solle so unberührt bleiben wie in der sogenannt «vor-modernen» Zeit. Das geistige Bewusstsein des Menschen soll jedoch das heutige, das moderne sein. An diesem Widerspruch scheitert die Klimabewegung. Sie steht auf den gleichen geistigen Grundlagen wie jene, denen sie die Verursachung des Klimawandels vorwirft.

c) Was ist Sünde?

Dazu hat die Klimabewegung nur Antworten, die unbarmherzig und widersprüchlich zugleich sind: Das Existieren des Menschen ist an sich schon «Sünde». Sein Dasein auf der Erde stört die Natur, beschädigt sie. Der Mensch ist ein Fremdkörper in einer Natur, die ohne ihn unberührt und friedvoll wäre. Dies überrascht, da sonst in diesen Kreisen ein evolutionistisches Weltbild vorherrscht. Also ohne Unterschied zwischen Natur und Mensch; darum gäbe es keineSonderstellung des Menschen.

Trotzdem – man reibt sich erstaunt die Augen – reiht sich der Mensch auf einmal nicht mehr in die Natur ein, wenn es um die Klimazyklen geht. Vulkane stossen Giga-Tonnen von CO2 aus, die Tierwelt produziert Methangas, die Phasen der Sonnen-Aktivität bleiben nicht spurlos. Sie alle sitzen nicht auf der Anklagebank, nur der Mensch. Dahinter steht eine verklärte Sicht der Natur. Sie ist stets gut, gerecht, friedliebend, aufbauend. Und trotzdem ist diese zur Harmonie verklärte Natur kein Ort der Geborgenheit. In dieser Denkrichtung gibt es keine liebende Hand, von der die Schöpfung gehalten und erhalten wird.

Die biblische Sicht der Sünde ist realistischer. Die gesamte Schöpfung steht unter dem Fluch der Sünde. Mensch, Tierwelt, Natur, unbelebte Schöpfung, sie alle haben ihre Einheit mit Gott verloren. Der Apostel Paulus sagt: «Die ganze Schöpfung seufzt und liegt in Wehen bis zum heutigen Tag.» [Römer 8,22] Dieses Seufzen und der Schmerz dieser Wehen wurden nicht vom Menschen der Neuzeit ausgelöst, sondern sind Bestandteil der gesamten Schöpfung. Trotzdem sind und bleiben Mensch und Natur Gottes Schöpfung. Auch wenn ihr Angesicht entstellt, ihre Existenz leidend ist, bleiben sie Zeugnisse der Grösse Gottes. Das Dasein des Menschen ist keine Sünde – Sünde ist das Übertreten der Gebote Gottes.

d) Was ist Gnade?

Der Klimabewegung ist dieser Begriff fremd. Eigentlich hat der Mensch keine Gnade zugute. Er kann seine Schuld höchstens minimieren, indem er weniger Luft verbraucht. Mit dem ersten Atemzug nach der Geburt steht der Mensch bereits im Minus, gegen das er kämpfen muss. Wo es keine Gnade gibt, wird alles gnadenlos. Da gibt es nur noch Leistung, Kompensieren von Schuld, Anprangern der Übeltäter. Damit liegt alle Last auf uns. Dort müsse sie auch liegen, damit der Mensch sich ändere! Ändert sich der Mensch, weil man ihm die Gnade entzieht?

Der Gott der Bibel beschenkt uns mit Gnade, noch bevor wir überhaupt wissen, was Gnade ist. Gottes Gnade geht allem voraus, was wir tun könnten. Sie erneuert den Menschen, macht sein Herz froh und dankbar. Tut der Mensch etwas Gutes in seiner ihm geschenkten Zeit, geschieht es, weil er von Angst befreit ist; weil er als begnadigter Mensch zur Liebe fähig wird.

e) Was ist Erlösung?

Die Klimabewegung kennt diesen Begriff nur für die Natur. Die Natur müsste vom Menschen erlöst werden, denn er ist das einzige Problem, das die Natur hat. Trotzdem taucht die Sache mit der Erlösung auf. Dem Menschen werden erlösende Kräfte zugeschrieben. Er wäre prinzipiell in der Lage, die Atmosphäre vor dem Klimawandel zu retten. Nur – und dies ist seine Sünde – er will es noch nicht. Darum muss er dazu ermutigt, besser noch, erzogen werden; und reicht dies nicht, dazu gezwungen werden. Denn die Menschheit als Ganzes könne Erlösung bewirken. Die Begründung dieser steilen Behauptung ist simpel: Der Mensch hat diese Situation verursacht, also kann er sie auch rückgängig machen. (Dies aber ist eine Binsenwahrheit: Weil Lügen menschlichen Ursprungs ist, müssten wir nur damit aufhören und siehe da, die Wahrheit leuchtet überall auf der Welt hell auf!)

Die biblisch-christliche Lehre stimmt zu, dass der Mensch ein erlösungsbedürftiger Sünder ist. Der Mensch ist wohl in der Lage, Dinge aus dem Lot zu bringen. Doch es fehlt ihm die Macht, dies wieder ins Gleichgewicht zurückzuholen. Nur Gott kann Schuld vergeben und Neuanfänge ermöglichen. Vergeblich suchen wir in Klima-Verlautbarungen den Ausruf «Herr, erbarme dich unser!». Nein, diese Aufforderung richtet sich nur an den Menschen, darum sind die Gesichter der Aktivisten hart und fordernd.

In kirchlichen «Klima-Verlautbarungen» tritt ein theologie-geschichtlich bekanntes Phänomen auf. Man behauptet keck, Jesus habe durch seine Erlösungstat die ganze Natur mit Gott versöhnt. Und diese Versöhnung sei bereits jetzt Wirklichkeit. Man unterscheidet nicht mehr zwischen der Auferstehung Jesu und der Auferstehung der Gemeinde am letzten Tag. Dies ist eine in der Kirchengeschichte bekannte Haltung. Die Schwärmer der Reformationszeit, die Heiligungstheologie der Neuzeit, auch bereits der Montanismus im 2. Jahrhundert – sie alle sind Varianten dieser Behaup­tung: Die Vollendung sei bereits geschehen und sofort einlösbar.

f) Gericht und Vollendung?

Die Gerichtssprache ist allgegenwärtig in der Klimabewegung. Schreckens-Szenarien noch und noch! Hat dieses baldige Gericht einen Sinn? Nein, es ist nur das Ende, das Ende der Zivilisation, das Ende der Natur. Die Klima-Gerichtsprediger sind Menschen ohne Hoffnung, ihr biologisches Leben ist ihr einziger Besitz. Eine ewigkeits-lose Wirklichkeit schlägt uns da entgegen. Geistliche Neuaufbrüche schufen stets eigene Lieder, hier aber entstehen keine Lieder!

Der biblisch-christliche Glaube bekennt: Gottes Gerichte haben eine Botschaft für uns, auch wenn sie in herber Sprache an uns ergehen. Über der jetzigen Weltzeit spannt sich die Ewigkeit aus. Die Welt geht nicht dem Untergang, sondern Gott entgegen. Nicht eine Wiederherstellung des Urzustandes der Schöpfung ist uns verheissen, sondern die Vollendung des Kosmos. Die Klimabewegung begegnet solchem Ausblick nur mit Misstrauen: Man taxiert es wohl als Lähmung des bitternötigen Handelns.

g) Wie soll sich die Kirche verhalten?

Diese Frage bewegt alle Kirchenleitungen. Ich wage zu behaupten: Mehr als die Zukunft des Klimas selber beschäftigt die Kirchen, wie sie mit dem Thema umgehen sollen. Viele Kirchen der Wohlstandsländer erheben den Klimatismus zum Glaubenssatz. Das hilft ihnen aus einer grossen Verlegenheit heraus. Die deutsche Zeitung «Welt am Sonntag» beurteilte diese Neu-Ausrichtung der Kirche auf Ökologie so: «…so als wüssten sie nicht mehr, wohin mit ihrem Glauben.» Weil sich die Kirche der eigenen Glaubenslehre entfremdete, ist sie froh um einen zeitgemässen «Ersatz». So wird sie die Sache mit der unsichtbaren Welt los, die sowieso keinen Anklang mehr finde. Anstatt Gott zu ehren, ehrt man nun die Natur. Und für jene, die noch von Gott reden wollen, lässt es sich elegant umformulieren. «Gott ehrt man, indem man die Natur ehrt und ihr dient.» (Isebel im Alten Testament hätte es nicht besser sagen können!)

Die Minderheit der Kirchen, die diesen «Ausverkauf» ablehnt, steht in einer ungemütlichen Lage. Entzieht sie sich der Klima-Diskussion, ist ihr Ruf in Gefahr. Erhebt sie ihre Stimme gegen den Klimatismus, redet sie sich um Kopf und Kragen. So bemüht sie sich um ‘Passe-Partout-Aussagen’ (das sind Aussagen, die immer stimmen, ohne sich festzulegen): «Wir haben in dieser Sache auch eine Verantwortung!» «Man hat früher zu wenig auf den Umweltschutz geachtet!» «Es steht uns wohl an, ein Vorbild zu sein!» «Ein bisschen Verzicht hat noch nie geschadet!» «Man kann trotzdem das Evangelium weitergeben!» So legt man zwar keine klimapolitischen Schwüre ab. Trotzdem akzeptiert man damit die Vormachtstellung dieses neuen «Glaubens-Dogmas». Man tut es vielleicht nicht aus Überzeugung, doch seine Stellung tastet man nicht an.

Der Klimatismus ist ein «Trojanisches Pferd», das ein neues «Glaubens-Dogma» in die Kirche einführt. Gott ist eine deistische Gottheit geworden (nach der Erschaffung des Kosmos hat er die Bühne verlassen). Ein ideologisches und naives Menschenbild wird propagiert, das der biblischen Lehre vom Menschen widerspricht. Der Verlust der Mission der Kirche, den Namen Jesu allen Menschen zu bezeugen (nun schieben sich Klima-Massnahmen davor). Die Bibel ist nur noch «Lieferant» für Metaphern und Motivations-Geschichten, sie ist nicht mehr das Wort Gottes, das Wirklichkeit und Leben erschafft. Dadurch verliert die Kirche ihre Vollmacht in der Verkündigung. Und klar, stets wird an die Liebe appelliert. In diesem Fall an die Liebe zu allen Mitgeschöpfen. Unter der Hand geschieht da ein Taschenspieler-Trick. Von der Liebe Gottes: «So sehr hat Gott die Welt geliebt…» wird flugs das Subjekt gewechselt; denn nun wird der Liebe des Menschen zur Schöpfung eine erlösende Wirkung zuge­schrieben. Die Art und Weise wie in kirchlichen Klima-Verlautbarungen mit dem Begriff «Liebe» hantiert wird, wäre zweifellos eine eingehende Untersuchung wert. Steigt die Kirche in diesen Reigen ein, zeigt sich schnell: Der «Klima-Gott» verlangt alles von ihr. Er will nicht nur ein Teil-Thema neben anderem sein, er will die gesamte christliche Glaubenslehre durchdringen; will ihr eine neue Mitte und einen neuen Ursprung geben.

3. Beobachtungen eines wachen Zeitgenossen

Stichwortartig skizziere ich noch einige «Problemzonen»:

a) Die Demontage der Naturwissenschaften

Das apodiktische Auftreten der «Klimaforschung» schädigt den Ruf der Wissenschaft. Die Natur ist kein von uns durchschaubares System. Niemand kann von einem unbeeinflussten Punkt aus alles beurteilen. Wissenschaft kann sich nur der Natur annähern, indem sie Fragen stellt und vorläufige Antworten formuliert, die danach wieder hinterfragt und neu formuliert werden müssen. Die Natur ist stets anders und auch grösser als die Messinstrumente, mit denen wir sie kategorisieren wollen.

Wissenschaft ist darum stets Kontroverse, ist ein Ringen um die bestmögliche Erklärung unserer Beobachtungen. Als fach-unkundiger Zuschauer frage ich: Wo findet das Ringen der Naturwissenschaft um die Wahrheit in dieser Thematik statt (betreffend Strahlung von 5G-Antennen streiten die Fachleute)? Warum geschieht dies hier nicht? Liegt es daran, dass es bei den Ursachen des «Klimawandels» um eine sehr einfach zu belegende Tatsache handelt (viel simpler als die Sache mit den 5G-Antennen)? Oder verfügen wir über zu wenig originelle Köpfe, die die Schwachstellen der gängigen Thesen aufspüren? Oder wurde ein Machtkartell errichtet, das abwei­chende Meinungen der Öffentlichkeit vorenthält?

Bei der Klimaforschung haben wir es scheinbar mit «Verkündigern der Wahrheit» zu tun. Existiert in diesem Feld eine «Glaubenslehre», die von der Forschung nur noch zu bestätigen ist? Stets galt Galileo Galilei als Vorbild des Wissenschafters. Er passte seine Forschung nicht dem Mainstream an. Wo ist jener Mut unter Klimaforschern, die Fragen stellen, die dogmenfrei die Forschung voranbringen?

b) Günstige Mitfahrgelegenheit

Jegliche Krise, auch jede herbeigeredete Krise, zieht viele Trittbrettfahrer an. In Krisenzeiten kann man an den grossen Stellschrauben drehen. Jeder will für seine Weltanschauung das Maximum herausholen. In turbulenten Zeiten erobern Trittbrettfahrer oft sehr schnell den Führerstand und setzen sich dort fest. Seit längerem wurde bemerkt: Dirigistische Klimaschutzmassnahmen injizieren eine gehörige Portion Sozialismus ins System. Es droht damit eine Verstaatlichung aller Lebensbereiche. Dass dies der eigentliche Kampfplatz ist, wollen oder können die meisten nicht wahrnehmen. Seit längerem gehe ich davon aus, dass die Architekten der Klimabewegung nicht mit einer Klimakatastrophe rechnen; auch nicht damit, dass man die Klimazyklen beeinflussen kann. Über den «Glauben» anderer Leute kann man zwar nur spekulieren. Ein wichtiges Indiz für diesen Verdacht ist dies: Wer mit einem Rettungsplan eine Katastrophe abwenden will, arbeitet auch an einem Plan B. Zum Plan B gehörten umfangreiche Forschungen über jene Gebiete der Erde, die dann bewohnbar würden (bei einer Erwärmung würden Millionen km² landwirtschaftlich nutzbar). Davon aber ist weit und breit nichts zu sehen und zu hören.

Auch nehmen die Anzeichen zu, dass man hinter den Kulissen ein Downgrading betreffend der Klimamassnahmen vorbereitet. Die momentanen grossen geopoliti­schen Spannungen werden sich bald vor den Klimatismus schieben. Die dafür bereits generierten staatlichen Einnahmen wird man wohl ins Verteidigungsbudget umlenken.

c) Seelsorgerliche Aspekte

Wie wird es jenen Menschen gehen, die sich mit Haut und Haar der Rettung unseres Planeten vor dem Klimawandel verschrieben haben? Die Aktivisten von heute sind die Enttäuschten von morgen! Wir sind in dieser Thematik umgeben von Leuten, die in Tat und Wahrheit skrupellose Hochstapler sind. Unternehmen, Parteien, Regierungen, Universitäten, Forschungseinrichtungen – sie reiten mit auf der gegenwärtigen Stimmung der Angst und Zukunftssorge. Sie machen mit, solange diese Stimmung anhält. Sie werden rechtzeitig abspringen, wenn sich der Fokus der Angst auf neue Themen verschiebt. Vorerst aber spielen sie mit dem Idealismus der Jugend. So züchtet man Wutbürger, im schlimmsten Fall Terroristen. Was sich vor uns abspielt, ist für viele ein tödlicher Ernst. Und es trifft eine Generation, die das Wort «Hoffnung» nicht mehr von innen her kennt. Die «Generation Greta» (ich sage das so pauschal) hat Angst davor, zu leben. Das Leben an sich ist ihr zu gefährlich. Der Überlebenskampf ist ihr ungeheuerlich und sie fragt sich, ob sich das Leben überhaupt lohnt.

Als unsere Eltern (oder Grosseltern) ins heiratsfähige Alter kamen, ging der Krieg gerade zu Ende. Damals fiel die erste Atombombe. Bald darauf hatte auch die Sowjetunion die Bombe. Unsere Eltern (oder Grosseltern) gründeten also just eine Familie zu jenem Zeitpunkt, als die atomare Auslöschung des gesamten Lebens eine reale Möglichkeit wurde. Und sie hatten Hoffnung auf die Zukunft. Sie hatten Kinder in grosser Zahl; einige von uns sind diese Kinder, die Baby-Boomer. Wie war dies möglich? Warum sahen sie die Welt hoffnungsvoll? Die mögliche nukleare Apokalypse ist mit Sicherheit schlimmer als die Klima-Szenarien. Trotzdem drückten sie ihre Hoffnung sichtbar aus – mit dem Erzeugen der nächsten Generation.

Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Warum lebt die «Generation Greta» in einer Hoffnungs-Leere? Sie kann nichts dafür! Sie hat sich nicht für diese Geisteshaltung entschieden. Sie hat sie ererbt aus dem geistigen Umbruch, der seither geschah. Darum ist sie jetzt derart empfänglich für Botschaften der Angst und für die Stimmung der Zukunftslosigkeit.

Der biblische Gott aber schenkt uns, was wir nicht haben: Hoffnung entgegen allem, was vor Augen steht. Ein freudiger Blick in die Zukunft, weil sie Gott gehört. Nein, wir kennen die Zukunft nicht und auch nicht jene Gerichte, in die sie uns stellen wird. Doch wir kennen den, der allein über sie bestimmt.

Auf der zweitletzten Seite der Bibel sieht Johannes dies:

«Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und der, der auf dem Thron sass, sprach: ‘Siehe, ich mache alles neu!’» [Offenbarung 21,1.5]

Zum Autor

Pfr. Willi Honegger ist Pfarrer in Bauma ZH.



[1] Schriftliche Version des Vortrags, der am 16. März 2024 an der Tagung des Netzwerks Bibel und Bekenntnis Schweiz im Ref. Kirchgemeindehaus Winterthur-Seen gehalten wurde.