«Glaub doch, was du willst!»

Meine Kirche, mein Glaube 1 (Serie)

schriftlicher Vortrag als PDF herunterladen (Dropbox)


Hintergrund des Artikels

Was ist das Fundament, auf dem wir als Kirche stehen? Und was bedeutet das für unser Miteinander und unser alltägliches Leben? Dem gehen wir in einer neunteiligen Artikelserie auf die Spur. Die Artikel basieren auf den Predigten aus der aktuellen Predigtreihe «Mini Chile, min Glaube» («Meine Kirche, mein Glaube») der Evangelischen Kirchgemeinde Tägerwilen-Gottlieben, wo ein Vorstandsmitglied des Netzwerks Bibel und Bekenntnis Schweiz, Philipp Widler, als Pfarrer tätig ist.Im Rahmen eines Strategieprozesses machte sich die dortige Kirchenvorsteherschaft auch Gedanken über ihre Glaubensgrundlagen. Anfangs 2023 verabschiedete sie ein entsprechendes Dokument, in dem sie die Glaubensgrundlagen der Kirchgemeinde festhält. Das Dokument ist auf der Homepage der Kirchgemeinde unter folgendem Link abrufbar: https://www.evang-taegerwilen.ch/dok/362Der folgende Artikel basiert auf der ersten Predigt der Reihe von Pfr. Philipp Widler im StartUp-Gottesdienst vom 21. Januar 2024 in der Evangelischen Kirchgemeinde Tägerwilen-Gottlieben.


Einleitung

Weisst du, was das «Apostolische Glaubensbekenntnis» ist? Wahrscheinlich hast du den Text schonmal gehört. Und vielleicht kannst du ihn sogar auswendig aufsagen?

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde,

und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige, allgemeine, christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

Amen.

So lautet der Text des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Entstanden ist es vermutlich im 5. Jahrhundert aus dem sogenannten Romanum – einem noch älteren, christlichen Bekenntnis. Es fasst die wichtigsten Glaubensgrundlagen von uns Christen zusammen und wird seit 1500 Jahren in Kirchen auf der ganzen Welt benutzt. Nur bei uns, da reden wir nicht mehr wirklich davon. Brauchen wir ja nicht, denn schliesslich haben wir das Thurgauer Bekenntnis aus dem Jahr 1874. Nur zeigt die Realität, dass selbst im schönen Thurgau kaum jemand dieses Bekenntnis kennt:

Wir glauben an Gott, den allmächtigen Vater und Schöpfer, der uns berufen hat zu seiner Kindschaft und zum ewigen Leben,

an Jesus Christus, den Sohn Gottes, in welchem wir die Erlösung haben von unseren Sünden und die Versöhnung mit Gott,

und an den heiligen Geist, der uns erneuert nach dem Bilde Gottes zu wahrhafter Gerechtigkeit und Heiligkeit.

Amen.

Nun stellt sich natürlich die Frage: Was sollen denn all diese alten Texte? Mit diesem Artikel starten wir in eine ganze Artikelreihe. Die Vorsteherschaft meiner Kirchgemeinde hat sich intensiv Gedanken über die strategische Ausrichtung der Kirchgemeinde Tägerwilen-Gottlieben gemacht. In diesem Zusammenhang hielten wir auch fest, welches unsere Glaubensgrundlagen sind. Diesen Glaubensgrundlagen gehen wir in dieser Artikelreihe «Meine Kirche, mein Glaube» nach. Aber bevor wir ab dem nächsten Artikel anfangen, die einzelnen Punkte dieser Glaubensgrundlagen genauer anzuschauen, muss zuerst die Frage geklärt werden: Braucht es das überhaupt? Christsein geht doch auch wunderbar ohne solche alten oder neuen Textwüsten. Wieso braucht es Glaubensgrundlagen für eine Kirchgemeinde oder solche Bekenntnisse überhaupt?

1. Objektiver Glaube?

Dass so eine Frage überhaupt gestellt werden kann, hat viel mit der Gefühlskultur zu tun, in der wir alle leben. Du hast vermutlich auch schon einmal den Satz gehört «Hauptsache, es stimmt für dich». Das ist einer der Grundlagensätze unserer Kultur. In vielen Bereichen geht es nicht mehr um Fakten, sondern um Gefühle. Das sehen wir in vielen politischen Diskussionen. Wer sich diskriminiert fühlt, wird diskriminiert und alles andere spielt dann gar keine Rolle mehr. Und besonders das heisse Eisen Geschlechteridentität zeigt, wie unsere Kultur funktioniert: Mein Gefühl definiert, welches Geschlecht ich habe, nicht die biologischen Gegebenheiten. Das ist die Kultur, in der wir leben und glauben.

Denn wir müssen uns bewusst sein: Diese Gefühlsbetonung überträgt sich auch auf den Glauben. Hauptsache du fühlst, dass Gott dich liebt. Und weil ich fühle, dass es wahr ist, ist es wahr. Für mich. Für dich vielleicht nicht und das ist ok. Entsprechend hat Glaube auch nichts mit Wissenschaft zu tun. Glauben beweisen? Das braucht es nicht, wenn ich Gott spüre. Und wenn ich nichts mehr fühle? Dann glaube ich halt nicht mehr. Auch ok.

Gefühle gehören zum Glauben dazu. Wir Menschen sind Gefühlswesen. So hat Gott dich und mich geschaffen. Darum ist es gut und richtig, wenn der Glaube meine Gefühle anspricht, wenn ich Gott erlebe in meinen Emotionen. Aber es ist eben nicht alles. Denn neben oder besser gesagt unter dem, was ich ganz subjektiv erlebe, gibt es noch eine zweite Ebene: Das, was objektiv gilt, ob ich daran glaube oder nicht. Und diese Ebene ist in unserer Kultur ziemlich aus dem Blick geraten.

Tatsächlich gibt es zwei Sorten von Wahrheiten: Es gibt objektive und subjektive Wahrheiten. Subjektive Wahrheiten sind abhängig vom Subjekt, sprich von der Person. Das bedeutet: Eine Person entscheidet über diese Wahrheit und kann diese Wahrheit verändern. Wenn ich sage «Baseldeutsch ist der schönste Dialekt», dann ist das meine persönliche Wahrheit. Du kannst das anders sehen, aber das ändert nichts an meiner Wahrheit. Und ich kann diese Wahrheitsaussage ändern. Wenn mich irgendwann jemand zu überzeugen schafft, dass das Thurgauer Dialektwort «Salot» schöner klingt als «Salat», dann könnte ich diese Aussage einfach ändern. In dem Fall unwahrscheinlich, aber möglich. Einige denken jetzt vermutlich: Challenge accepted.

Objektive Wahrheiten dagegen sind abhängig vom Objekt, sprich von einer Sache. «Im Thurgau sagt man ‚Salot‘» ist eine objektive Aussage. Ich kann diese Wahrheit nicht ändern. Es sagen nicht plötzlich alle Thurgauer «Salat», nur weil ich es will. Das heisst, eine objektive Wahrheit ist wahr oder falsch, ob ich es mag oder nicht. Meine Meinung hat keinen Einfluss auf den Wahrheitsgehalt.

Diese zwei Arten von Wahrheit sind grundverschieden. Und wahrscheinlich ahnst du es schon, wie problematischer es ist, dass in unserer Kultur diese zwei Arten von Wahrheit oft völlig vermischt werden. Wenn subjektive Wahrheitsaussagen als allgemeingültige Wahrheiten dargestellt werden und objektive Wahrheiten zu subjektiven Empfindungen degradiert werden, dann entsteht ein riesiges Durcheinander. Auch in Bezug auf unseren Glauben.

Ich möchte diese Unterscheidung mit euch an fünf Beispielen durchspielen:

«,Salat‘ klingt besser als ‚Salot‘» ist eine subjektive Wahrheitsaussage.

«Philipp besitzt einen grauen Seat Alhambra.» ist eine objektive Wahrheitsaussagen.

«Grau ist die schönste Farbe für einen Seat Alhambra.» ist eine subjektive Wahrheitsaussage.

«Philipps Seat Alhambra kann zum Mond fliegen.» ist eine objektive Wahrheitsaussage. Sie ist falsch, aber objektiv.

Du siehst: Es gibt einen klaren Unterschied. Subjektiven Wahrheiten kann ich ändern, wenn ich meine Meinung ändere. Wenn aber eine Aussage wahr oder falsch sein kann, dann ist sie objektiv. Schauen wir uns also noch ein letztes Beispiel an: «Jesus ist gestorben und auferstanden und ist der einzige Weg zu Gott.»

Tatsächlich ist diese Aussage eine objektive Wahrheitsaussage. Denn entweder sie ist wahr oder sie ist falsch. Entweder dieser Jesus ist gestorben und auferstanden oder er ist es nicht. Ich kann die Auferstehung von Jesus nicht wahr machen, indem ich daran glaube. Und ich kann sie nicht ungeschehen machen, indem ich nicht an sie glaube. Und dieser Jesus hat gesagt, dass er der einzige Weg zu Gott ist. Auch das ist entweder wahr oder falsch, egal was ich denke oder glaube.

In unserer Kultur ist Religion eine völlig subjektive Wahrheitsfrage: Wenn es für dich stimmt und wahr ist, dann ist doch gut, aber das hat nichts mit mir zu tun. Nur dummerweise gehört auch Religion auf die objektive Wahrheitsseite. Ich kann die Naturgesetze nicht ändern. Ich fange nicht an zu schweben, wenn ich nicht an die Schwerkraft glaube. Und ich kann die Geschichte nicht ändern. Ich kann das Jahr 2020 mit all dem Coronamist vergessen, aber das heisst nicht, dass es dieses Jahr nicht gegeben hat.

Das Gleiche gilt für die Grundlagen des christlichen Glaubens. Ob Gott existiert oder nicht ist nicht abhängig davon, ob ich an ihn glaube. Entweder Gott gibt es oder nicht. Entweder er hat die Welt geschaffen oder nicht. Entweder er ist in Jesus Mensch geworden oder nicht. Entweder Jesus ist gestorben und auferstanden und hat damit den Weg geöffnet für uns, zu einem befreiten Leben oder nicht. Nichts davon kann ich mit meiner Meinung ändern.

2. Spielt es eine Rolle?

Glaube ist nicht nur ein Gefühl. Es spielt grosse Rolle, von welchen objektiven Wahrheiten ich als Christ ausgehe. Das ist schon für die ersten Christen klar gewesen. So lesen wir es im 1. Korintherbrief: «Aber nun frage ich euch: Wenn wir predigen, dass Christus von den Toten auferstanden ist, wie können einige von euch da behaupten, es gäbe keine Auferstehung der Toten? Wenn es nämlich keine Auferstehung der Toten gibt, dann ist auch Christus nicht auferstanden. Und wenn Christus nicht auferstanden ist, dann war unser Predigen wertlos, und auch euer Vertrauen auf Gott ist vergeblich. Ja, in diesem Fall hätten wir Apostel sogar Lügen über Gott verbreitet, denn wir haben ja versichert, dass Gott Christus auferweckt hat, und das kann nicht wahr sein, wenn es keine Auferstehung von den Toten gibt. Denn wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, dann ist auch Christus nicht auferstanden. Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, dann ist euer Glaube nutzlos, und ihr seid nach wie vor in euren Sünden gefangen.» (1.Korinther 15,12-17) Dass Jesus auferstanden ist von den Toten, ist kein subjektives Gefühl. Es ist eine objektive Behauptung. Und ob diese Behauptung stimmt oder nicht, davon hängt alles ab.

Ob ich Gott fühle oder nicht, hat keinen Einfluss darauf, ob das Christentum stimmt. Darin steckt eine gute Nachricht: Ob ich es fühle oder nicht ändert nichts an der Realität. Wenn es Gott wirklich gibt, wenn Jesus wirklich gestorben und auferstanden ist für mich, dann gilt das für mich, auch wenn ich es mal nicht fühle.

Darum ist der christliche Glaube von allem Anfang an ein faktischer, objektiver Glaube gewesen. Ja, Glaube bedeutet zuerst und vor allem, sich Jesus anzuvertrauen und den Weg mit Gott zu gehen. Aber dieser Glaube steht auf dem Fundament von Wahrheiten, die ausserhalb von mir und meinen Gefühlen stehen. Der Glaube an Jesus ist kein Fantasy-Märchen, das mir hilft, besser durchs Leben zu kommen. Es ist das Vertrauen auf einen realen Gott, der real in dieser Welt gewirkt hat und wirkt.

Genau darum gibt es Glaubensbekenntnisse. Oder unsere Glaubensgrundlagen. Sie halten fest, von welchen objektiven Wahrheiten wir ausgehen. Und wie wir vorher im Text aus dem Korintherbrief gesehen haben: Es spielt eine entscheidende Rolle, von welchen Fakten wir ausgehen. Daran hängt mein Glauben und damit mein Leben.

Nur wenn Gott diese Welt geschaffen hat, nur wenn er in Jesus Mensch geworden ist, nur wenn Jesus am Kreuz gestorben und am dritten Tag auferstanden ist, sind auch all die Zusagen des Christentums wahr: Dass Gott mich geschaffen hat, mich liebt und es gut mit mir meint. Dass er mir den Weg durchs Leben weisen will. Dass es mehr gibt als das Leben auf dieser Welt und dass ich durch Jesus Zugang dazu habe. Dass ich Vergebung erfahren darf, wo ich scheitere und ich die Kraft erhalten darf, selber Vergebung zu leben.

Mein Handeln als Christ hängt direkt mit meinem Fundament zusammen. Nehmen wir die Vergebung und Barmherzigkeit, zwei Grundwerte des Christentums. Immer wieder verändern Christen die Welt, weil sie sogar Feinden Vergebung und Barmherzigkeit schenken. Die Grundlage dafür ist, dass ich als Christ weiss, dass ich durch Jesus völlig unverdient Vergebung finden darf. Doch das gilt nur, wenn es wirklich objektiv wahr ist, dass dieser Jesus der Sohn Gottes war, dass er gestorben und auferstanden ist. Alles, was ich als Christ glaube und hoffe, hängt direkt damit zusammen, ob unser Fundament wahr ist oder falsch. Darum ist es so entscheidend, dass wir immer wieder festhalten, was es ist, was wir glauben.

Und ja, darum gibt es auch «falschen Glauben». Wenn das Fundament schief ist, dann ist auch alles, was darauf steht schief. Darum haben die Christen von Anfang an darum gekämpft, dass die christlichen Wahrheitsaussagen nicht verfälscht werden. So lesen wir z.B. in Galater 1,6-8: «Ich kann es nicht fassen, dass ihr euch so schnell von Gott abwendet, der euch in seiner Gnade zum ewigen Leben berufen hat, das er den Menschen durch Christus schenkt. Schon folgt ihr einer anderen, fremden Lehre, die als gute Botschaft daherkommt und es doch nicht ist. Ihr lasst euch von Leuten täuschen, die die Botschaft von Christus verfälschen. Verflucht sei jeder Mensch – und das gilt auch für mich –, der eine andere Botschaft verkündet als die, die wir euch gepredigt haben. Und käme ein Engel vom Himmel und verkündete euch eine andere Botschaft: Er soll in Ewigkeit verflucht sein.» Und schon Jesus hat davor gewarnt, dass die objektiven Wahrheiten verfälscht werden: «Nehmt euch vor falschen Propheten in Acht. Sie kommen daher wie harmlose Schafe, aber in Wirklichkeit sind sie gefährliche Wölfe, die euch in Stücke reißen wollen.» (Matthäus 7,15)

Es gibt noch viele andere solche Stellen in der Bibel. Und sie alle zeigen: Es gibt ein «richtig» und ein «falsch». Es gibt «wahr» und «unwahr». Und das ist nicht abhängig von meinem Gefühl oder meinem Erleben. Das Fundament des christlichen Glaubens ist nicht meine innere Überzeugung. Das Fundament des christlichen Glaubens ist das Handeln Gottes. Es sind klare Fakten. Darauf stehen dann mein Glauben und mein Erleben Gottes.

Wir müssen immer wieder darum ringen, was diese Wahrheiten sind und ob sie wirklich wahr sind. Dazu gehört auch der Zweifel. Manchmal fällt es mir schwer, zu glauben, dass all das wirklich wahr ist, was unser Fundament aussagt. Aber diesen Zweifeln kann ich begegnen. So wie wir auch andere Wahrheitsfragen untersuchen können. Jeder von euch kann nachforschen, ob die Aussage stimmt, dass ich einen Seat Alhambra besitze. Genauso können wir nachforschen, ob die Wahrheitsansprüche des Christentums plausibel sind oder nicht. Und da gehört dann durchaus auch das Erleben Gottes dazu. Gott wirkt noch immer und bestätigt auch auf diesem Weg, dass das Fundament wahr ist, auf dem das Christentum steht. Aber dieses Erleben steht auf dem Fundament und ist nicht selber das Fundament.

3. Christlicher Glaube ist bekennender Glaube

Was aber ist dann dieses Fundament? Genau das versuchten Christen von allem Anfang an immer wieder zusammenzufassen. Ständig flossen nämlich Ideen und Gedanken von ausserhalb des Christentums in den Glauben hinein und verwässerten und verfälschten die Wahrheiten und Grundüberzeugungen des Christentums. Als Reaktion darauf entstanden in den letzten 2000 Jahren immer wieder Bekenntnisse, die klar festhielten, was die Glaubensgrundlage von uns Christen ist.

Das sehen wir schon im Neuen Testament, wenn Paulus in 1. Korinther 15 schreibt: «Ich habe euch das weitergegeben, was am wichtigsten ist und was auch mir selbst überliefert wurde – dass Christus für unsere Sünden starb, genau wie es in der Schrift steht. Er wurde begraben und ist am dritten Tag von den Toten auferstanden, wie es in der Schrift steht. Er wurde von Petrus gesehen und dann von den zwölf Aposteln.» (1.Korinther 15,3-5) Paulus sagt hier eigentlich: «Liebe Mitchristen, das sind die Fakten.» Und so machten es die Christen seither immer wieder. Das apostolische Glaubensbekenntnis ist eines der bekanntesten Beispiele dafür. Aber längst nicht das einzige. Über die Jahrhunderte gab es unzählige Bekenntnisse. Nicht alle sind gleich gelungen und setzten sich durch. Aber immer wieder war es das Ziel, festzuhalten, von welchen objektiven Wahrheiten wir Christen ausgehen.

Und dieser Prozess ist konfliktreich. Es ist immer ein Ringen dahinter, welche objektiven Wahrheiten zu unserem absoluten Fundament gehören. Und da gibt es unterschiedliche Meinungen. Aber worin es durch die Jahrhunderte keine unterschiedlichen Meinungen gab, ist die Tatsache, dass unser Glaube auf dem Fundament solcher Wahrheiten steht. Wenn wir also als moderne, westliche Christenheit das Gefühl haben, dass alles nur subjektive Wahrheit ist, dann sind wir die Schrägen in aller Christenheit.

Der christliche Glaube setzt voraus, dass eine ganze Reihe von objektiven Wahrheitsaussagen wahr ist. Auf diesen Wahrheiten steht unser Glaube und unser Christ- und Kirche-sein. Darum sind auch die Glaubensgrundlagen unserer Kirchgemeinde entstanden, die wir in dieser Artikelserie als Grundlage nehmen und genauer anschauen werden.

Und Nein, wir haben nicht den Anspruch, dass unsere Zusammenfassung auf einer Ebene steht mit Bekenntnissen, die sich über die Jahrhunderte bewährt haben. Und manches kann durchaus auch diskutiert werden. Ja soll es sogar, bitteschön. Es ist gut, wenn wir darüber diskutieren, was unsere Glaubensgrundlagen sind. Aber diese Wahrheiten können wir nur diskutieren, wenn wir uns bewusst sind: Unser Glaube steht auf genau solchen Grundlagen.

Und dabei geht es nicht darum, dass diese Glaubensgrundlagen definieren, was der Glaube ist. All diese Bekenntnisse und Glaubensgrundlagen schaffen nicht eine Realität. Alles, was sie tun, ist abbilden, von welcher Realität wir ausgehen. Ihr Ziel ist es nicht, unserem Glauben ein Fundament zu geben, sondern in Worte zu fassen, auf welchem Fundament wir stehen. Denn das Fundament, auf dem ich als Christ stehe, sind nicht irgendwelche menschlichen Glaubenssätze. Es ist die objektive Realität, wer Gott ist und was Gott in dieser Welt getan hat und tut.

Schluss

Was also ist dein Glaubensfundament? Ist der Glaube an Jesus für dich in erster Linie ein Gefühl, ein Erleben? Oder stehst du auf dem Fundament, dass der christliche Glaube auf objektiven Wahrheiten beruht, dass Gott in dieser Welt gehandelt hat und handelt. Denn an diesem Fundament ändert sich nichts, egal ob du glaubst oder zweifelst. Entweder entsprechen diese Grundaussagen des Christentums der Wahrheit oder sie sind falsch. Was sie nicht sein können, ist: Hauptsache sie sind wahr für dich.

In Römer 10 heisst es: «Wenn du mit deinem Mund bekennst, dass Jesus der Herr ist, und wenn du in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet werden. Denn durch den Glauben in deinem Herzen wirst du vor Gott gerecht, und durch das Bekenntnis deines Mundes wirst du gerettet.» (Römer 10,9-10)

Zum christlichen Glauben gehört es dazu, dass ich bekenne, was mein Fundament ist. Und dieses Fundament ist nicht nur dein Fundament. Wir haben ein gemeinsames Fundament. Genau das haben wir Christen immer wieder miteinander festgehalten.

Was ist dein Bekenntnis? Auf welchem Fundament stehst du? 

Zum Autor

Philipp Widler führt gemeinsam mit seiner Frau das Pfarramt der Evangelischen Kirchgemeinde Tägerwilen-Gottlieben. Sie wohnen in Tägerwilen und haben drei Kinder. Philipp Widler ist darüber hinaus Vorstandsmitglied im Netzwerk Bibel und Bekenntnis Schweiz.


Bibelzitate: Neues Leben. Die Bibel © 2017 SCM R.Brockhaus